Publikationen

Hier werden aktuelle Publikationen und Ergebnisse des Konsortiums und der assoziierten Mitglieder des Research Hub Neuroethics im Bereich Neuroethik aufgelistet. 

Publikationen

2024

Heinrichs, J.-H., Beck, B., & Friedrich, O. (Eds.). (2024). Neuro-ProsthEthics. Ethical Implications of Applied Situated Cognition. Springer - Metzler

Der Band konzentriert sich auf die ethischen Dimensionen des technologischen Gerüsts, in das menschliches Denken und Handeln eingebettet ist und das durch die Theorien der situierten Kognition ins Blickfeld der Kognitionswissenschaften gerückt wurde. Es gibt ein breites Spektrum von Technologien, die menschliches Erkennen und Handeln mitverwirklichen oder ermöglichen und verstärken und die sich im Grad der körperlichen Integration, der Interaktivität, der Anpassungsprozesse, der Abhängigkeit und Unentbehrlichkeit usw. unterscheiden. Dieses technologische Gerüst des menschlichen Erkennens und Handelns entwickelt sich rasch weiter. Einige Veränderungen sind kontinuierlich, andere sind eruptiv. Technologien, die z. B. maschinelles Lernen nutzen, könnten einen qualitativen Sprung im technologischen Gerüst menschlicher Wahrnehmung und Handlungen darstellen. Die ethischen Konsequenzen der Anwendung von Theorien der situierten Kognition auf praktische Fälle haben bisher noch keine angemessene Aufmerksamkeit gefunden und werden in diesem Band erläutert.

Heinrichs, J.-H., Beck, B., & Friedrich, O. (Eds.). (2024). Neuro-ProsthEthics. Ethical Implications of Applied Situated Cognition. Springer - Metzler
Kellmeyer, P. (2024). Chapter Fourteen - Beyond participation: Towards a community-led approach to value alignment of AI in medicine. In: Marcello Ienca, Georg Starke (eds.), Developments in Neuroethics and Bioethics, Academic Press, Volume 7

Dieser Aufsatz untersucht das Potenzial von gemeinschaftsgeführter partizipativer Forschung für die Wertorientierung bei der Entwicklung medizinischer KI-Systeme. Zunächst werden konzeptionelle Aspekte von Partizipation und Teilhabe, die aktuellen Paradigmen der KI-Entwicklung in der Medizin und die neuen Herausforderungen der KI-Technologien untersucht. Der Aufsatz schlägt einen Wandel hin zu einem stärker partizipativen und gemeinschaftsgeleiteten Ansatz bei der KI-Entwicklung vor, der durch verschiedene partizipative Forschungsmethoden in den Sozialwissenschaften und Design Thinking veranschaulicht wird. Er erörtert die vorherrschenden Paradigmen der Ethik durch Gestaltung und der eingebetteten Ethik bei der Wertanpassung medizinischer Technologien und räumt deren Grenzen und Kritikpunkte ein. Anschließend wird ein Modell für die gemeinschaftsgeleitete Entwicklung von KI in der Medizin vorgestellt, das die Bedeutung der Einbeziehung von Gemeinschaften in allen Phasen des Forschungsprozesses hervorhebt. Der Aufsatz plädiert für einen Wandel hin zu einem stärker partizipativen und gemeinschaftsgeleiteten Ansatz bei der KI-Entwicklung in der Medizin, der effektivere und ethischere medizinische KI-Systeme verspricht.

Kellmeyer, P. (2024). Chapter Fourteen - Beyond participation: Towards a community-led approach to value alignment of AI in medicine. In: Marcello Ienca, Georg Starke (eds.), Developments in Neuroethics and Bioethics, Academic Press, Volume 7

2023

Friedrich O., Seifert J., Schleidgen S. (Hrsg.) (2023): Mensch-Maschine-Interaktion – Konzeptionelle, soziale und ethische Implikationen neuer Mensch-Technik-Verhältnisse. Münster, mentis

Die Beiträge des Bandes untersuchen, inwiefern aktuelle Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) zu neuartigen Interaktionsprozessen führen und das Verhältnis von Menschen und Maschinen verändern. Dabei werden zunächst neue Entwicklungen von KI-basierten Technologien in diversen Anwendungs- und Entwicklungsbereichen vorgestellt. Hieran anschließend diskutieren ausgewiesene Expert:innen neuartige Mensch-Maschine-Interaktionen aus unterschiedlichen disziplinären Perspektiven und befragen diese auf ihre sozialen, ethischen und epistemologischen Implikationen. Der Band begreift sich als interdisziplinärer Beitrag zu der soziopolitisch drängenden Frage, wie die aktuellen technologischen Veränderungen Mensch-Maschine-Verhältnisse verändern und welche Konsequenzen dies für ein Denken von Mensch und Technik hat.

Friedrich O., Seifert J., Schleidgen S. (Hrsg.) (2023): Mensch-Maschine-Interaktion – Konzeptionelle, soziale und ethische Implikationen neuer Mensch-Technik-Verhältnisse. Münster, mentis
Heinrichs, B., Rathkopf, C, Heinrichs, J.-H. (2023). Can we read minds by imaging brains? In: Philosophical Psychology 36, 221-246

Werden Neurowissenschaftler dank der bildgebenden Verfahren des Gehirns bald Gedanken lesen können? Wir können diese Frage nicht beantworten, ohne den Stand der Technik in der Neurobildgebung zu kennen. Aber wir können diese Frage auch nicht beantworten, ohne ein gewisses Verständnis des Konzepts zu haben, auf das sich der Begriff „Gedankenlesen“ bezieht. Dieser Artikel ist ein Versuch, ein solches Verständnis zu entwickeln. Unsere Analyse erfolgt in zwei Schritten. In der ersten Phase liefern wir eine kategorische Erklärung des Gedankenlesens. Die kategoriale Erklärung formuliert empirische Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit Gedankenlesen möglich ist. In der zweiten Phase entwickeln wir einen Maßstab für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit von Experimenten zum Gedankenlesen. Die sich daraus ergebende Konzeption des Gedankenlesens trägt dazu bei, volkspsychologische Urteile darüber, was Gedankenlesen beinhalten muss, mit den Beschränkungen, die durch empirische Strategien zu seiner Erreichung auferlegt werden, in Einklang zu bringen.

Heinrichs, B., Rathkopf, C, Heinrichs, J.-H. (2023). Can we read minds by imaging brains? In: Philosophical Psychology 36, 221-246
Heinrichs, J.-H. (2023). Brain age Prediction and the Challenge of Biological Concepts of Aging. Neuroethics, 16(3), 25

Die Vorhersage des Hirnalters ist ein relativ neues Instrument in der Neuromedizin und den Neurowissenschaften. In der Forschung und in der klinischen Praxis findet sie vielfältige Verwendung als Marker für das biologische Alter, für den allgemeinen Gesundheitszustand des Gehirns und als Indikator für verschiedene hirnbedingte Störungen. Ihr Nutzen bei all diesen Aufgaben hängt davon ab, dass Ausreißer erkannt werden und somit das chronologische Alter nicht korrekt vorhergesagt werden kann. Der indikative Wert der Altersvorhersage ergibt sich aus der Lücke zwischen dem chronologischen Alter eines Gehirns und dem vorhergesagten Alter, der „Brain Age Gap“ (BAG). In diesem Artikel wird gezeigt, wie die klinische und wissenschaftliche Anwendung der Hirnaltersvorhersage die Zustände, auf die sie anspricht, stillschweigend pathologisiert. Es wird argumentiert, dass der stillschweigende Charakter dieser Umwandlung die Notwendigkeit ihrer expliziten Rechtfertigung verdeckt.

Heinrichs, J.-H. (2023). Brain age Prediction and the Challenge of Biological Concepts of Aging. Neuroethics, 16(3), 25
Schleidgen, S., Kremling, A., Mertz, M., Kuehlmeyer, K., Inthorn, J., Haltaufderheide, J. (2023). How to Derive Ethically Appropriate Recommendations for Action. A Methodology for Applied Ethics. In: Medicine, Health Care and Philosophy 26/2, 175-184

Forscher in der angewandten Ethik und insbesondere in einigen Bereichen der Bioethik haben das Ziel, konkrete und angemessene Handlungsempfehlungen für moralisch relevante Situationen in der realen Welt zu entwickeln. Beim Übergang von abstrakteren Ebenen ethischer Argumentation zu solchen konkreten Empfehlungen scheint es jedoch möglich zu sein, selbst in Bezug auf ein und dasselbe normative Prinzip oder dieselbe Norm abweichende oder sogar widersprüchliche Handlungsempfehlungen für eine bestimmte Situation zu entwickeln. Dies kann den Eindruck erwecken, dass solche Empfehlungen willkürlich und damit nicht gut begründet wären. Vor diesem Hintergrund wollen wir zunächst zeigen, dass ethische Handlungsempfehlungen zwar in gewisser Weise kontingent, aber nicht willkürlich sind, wenn sie in geeigneter Weise entwickelt werden. Zu diesem Zweck untersuchen wir zwei Arten von Kontingenzen, die sich in der angewandten ethischen Argumentation ergeben, anhand von aktuellen Beispielen von Handlungsempfehlungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie. Dabei beziehen wir uns auf ein dreistufiges Modell der ethischen Argumentation für Handlungsempfehlungen. Dies lässt jedoch die Frage offen, wie die angewandte Ethik mit kontingenten Handlungsempfehlungen umgehen kann. Daher analysieren wir in einem zweiten Schritt die Rolle von Brückenprinzipien für die Entwicklung ethisch angemessener Handlungsempfehlungen, d.h. von Prinzipien, die normative Ansprüche mit relevanten empirischen Informationen verbinden, um bestimmte Handlungsempfehlungen in einer gegebenen moralisch relevanten Situation zu rechtfertigen. Schließlich diskutieren wir einige Implikationen für die Argumentation und Berichterstattung in der empirisch informierten Ethik.

Schleidgen, S., Kremling, A., Mertz, M., Kuehlmeyer, K., Inthorn, J., Haltaufderheide, J. (2023). How to Derive Ethically Appropriate Recommendations for Action. A Methodology for Applied Ethics. In: Medicine, Health Care and Philosophy 26/2, 175-184

2022

Ienca M., Fins J.J., Jox R.J., Friedrich O., Kellmeyer P. (2022): Towards a Governance Framework for Brain Data. Neuroethics 15:20

Die zunehmende Verfügbarkeit von Hirndaten innerhalb und außerhalb des biomedizinischen Bereichs in Verbindung mit der Anwendung von künstlicher Intelligenz (KI) auf die Hirndatenanalyse stellt eine Herausforderung für Ethik und Governance dar. Wir zeigen die besonderen ethischen Implikationen der Erfassung und Verarbeitung von Hirndaten auf und skizzieren einen mehrstufigen Governance-Rahmen. Dieser Rahmen zielt darauf ab, den Nutzen der erleichterten Erfassung und Weiterverarbeitung von Hirndaten für Wissenschaft und Medizin zu maximieren und gleichzeitig die Risiken zu minimieren und eine schädliche Nutzung zu verhindern. Der Rahmen besteht aus vier primären Bereichen für regulatorische Eingriffe: verbindliche Regulierung, Ethik und Soft Law, verantwortungsvolle Innovation und Menschenrechte.

Ienca M., Fins J.J., Jox R.J., Friedrich O., Kellmeyer P. (2022): Towards a Governance Framework for Brain Data. Neuroethics 15:20
Schleidgen, S., Friedrich, O., Wolkenstein, A. (2022). How Intelligent Neurotechnology Can Be Epistemically Unjust. An Exploration into the Ethics of Algorithms. In: Review of Social Economy 80/1, 106-126

Derzeit stehen besonders die epistemische Qualität von Algorithmen und ihre normativen Implikationen im Blickpunkt. Während in diesem Zusammenhang allgemeine Fragen der Gerechtigkeit angesprochen wurden, sind spezifische Fragen der epistemischen (Un-)Gerechtigkeit bisher vernachlässigt worden. Wir wollen diese Lücke schließen, indem wir einige potenzielle Implikationen der verhaltensintelligenten Neurotechnologie (B-INT) analysieren. Wir behaupten, dass B-INT eine Reihe von epistemischen Merkmalen aufweist, die das Potenzial für bestimmte epistemische Probleme mit sich bringen, die wiederum wahrscheinlich zu Fällen von epistemischer Ungerechtigkeit führen. Um diese Behauptung zu untermauern, werden wir zunächst die Terminologie und die Technologie hinter B-INT vorstellen und erläutern. Zweitens werden wir vier fiktive Szenarien für den Einsatz von B-INT vorstellen und eine Reihe von epistemischen Problemen aufzeigen, die auftreten könnten. Drittens werden wir deren Beziehung zum Konzept der epistemischen Gerechtigkeit sowie mögliche Beispiele dafür diskutieren. So werden wir einige wichtige und moralisch relevante Implikationen der epistemischen Eigenschaften von INT aufzeigen

Schleidgen, S., Friedrich, O., Wolkenstein, A. (2022). How Intelligent Neurotechnology Can Be Epistemically Unjust. An Exploration into the Ethics of Algorithms. In: Review of Social Economy 80/1, 106-126

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